kardiophysiologie.info                        

Grundlagen

Einführung
Grundprinzip
Plasmaelektrolyte und Herzfunktion


Einführung

Elektrolyte sind Stoffe, die in Lösungen oder Schmelzen elektrisch leitfähig sind, weil sie in Kationen und Anionen dissoziieren. In der Humanmedizin werden zwei Gruppen unterschieden. Zum einen ein- und zweiwertige Ionen der Alkali- und Erdalkalimetalle. Zum anderen Chlorid, Hydrogencarbonat ("Bikarbonat"), Phosphat, Protonen und Proteinanionen. Auch Sulfationen sowie organische Säuren können dazugezählt werden.
Wenn im klinischen Sprachgebrauch von Elektrolyten ("Elektrolytbestimmung") gesprochen wird, sind häufig Natrium-, Kalium- und Calciumionen gemeint, wenngleich andere Ionen ebenso wichtig sind.

Elektrolyte sind lebensnotwendige physikochemische Bestandteile der intra- und extrazellulären Flüssigkeit. Der menschliche Körper besteht zu etwa 2/3 aus Wasser und etwa 2/3 des Wassers befinden sich im intrazellulären Raum.

Für eine durchschnittliche Person (junger Mann, 70 kg) lassen sich die Wasserräume über eine Potenzfunktion zur Basis 3 näherungsweise benennen:
- 30: 1 l transzelluläre Flüssigkeit (Liquor cerebrospinalis, Kammerwasser, Flüssigkeit in Gelenkhöhlen, Peritoneal-, Pleura- und Herzhöhlen)
- 31: 3 l Blutplasma
- 32: gerundet 10 l interstitielle Flüssigkeit
- 33: gerundet 30 l intrazelluläre Flüssigkeit
= gerundet 44 l Gesamtkörperwasser

(Quelle: Vorlesung Dr. H. Nocke, Facharzt für Physiologie, Universitätsklinikum Magdeburg, Vorlesung Niere und Wasserhaushalt im Fach Physiologie, Jahrgang 2011)





Die gesamte extrazelluläre Flüssigkeit ist von der wässrigen Phase des Blutplasmas abhängig. Dieser Umstand bedingt, dass Veränderungen des Blutplasmas sich auf alle Flüssigkeiten auswirken, bei denen es sich um Ultrafiltrate des Blutes handelt. Dazu gehören maßgeblich das Kammerwasser, der Liquor cerebrospinalis und die Flüssigkeit in der Peritonealhöhle, den beiden Pleurahöhlen und die des Herzbeutels.
Veränderungen der wässrigen Phase des Blutplasmas wirken sich auch auf die Zusammensetzung des Urins aus - abhängig vom Ausmaß der Veränderungen und der zeitnahen Endharnbildung.

Grundprinzip

Alle Elektrolyte finden sich sowohl intra- als auch extrazellulär in jeweils spezifischen Konzentrationen. Elektrolyte sind in ständiger Bewegung: von intra- nach extrazellulär und zurück. Dies erfolgt durch Kanäle und Transporter in der Zellmembran. Ionenpumpen in der Zellmembran, allen voran die Natrium-Kalium-ATPase, sorgen unter Energieaufwand für die Erzeugung und Aufrechterhaltung eines Konzentrationsgradienten, was die Bewegung der Teilchen durch die Kanäle und Transporter bedingt.
Der aufgebaute Konzentrationsgradient wiederum kann physikalisch als Potentialdifferenz, d.h. als Spannung aufgefasst werden. Alle Körperzellen haben ein Ruhemembranpotential: eine bestimmte Spannung, welche sich aus den Gleichgewichtspotentialen aller beteiligten Ionensorten, die entsprechend ihrer Leitfähigkeit gewichtet werden, ergibt. Das Gleichgewichtspotential beschreibt die Spannung, bei dem die elektrische und chemische Triebkraft für ein Ion im Gleichgewicht ist. Erregbare Zellen können ihr Membranpotential ändern und eine elektrische Erregung (Aktionspotential) erzeugen. Dazu zählen Nerven- und Muskelzellen.


Plasmaelektrolyte und Herzfunktion

Das Herz weist eine sehr hohe Vaskularisierungsdichte auf, die durch ein Geflecht zahlreicher feinster Ausläufer der Koronararterien zustande kommt. Das Myokard ist funktionell im Herzbeutel in einer Art "Flüssigkeitsbad" aus transzellulärer Flüssigkeit eingelegt. Jedoch wirken sich Veränderungen der Blutplasmakonzentration dadurch nicht wesentlich auf die Herzfunktion aus.
Die schnelle Wirkung einer veränderten Ionenkonzentration im Blutplasma auf das Herz erfolgt über die interstitielle Flüssigkeit.

Demgegenüber hat die Zusammensetzung des Blutes, das durch die Lumina der Vorhöfe und Ventrikel fließt, keine wesentliche Auswirkung auf das Myokard: Sowohl die Geschwindigkeit der Passage (60 bis 70 Passagen pro Minute in Ruhe, was der Herzfrequenz entspricht) als auch die Diffusionsstrecke aus dem Vorhof- bzw. Ventrikellumen verhindern eine wesentliche Versorgung auf diesem Wege. Für die Ver- und Entsorgung des Herzens sind Vasa privata (Koronargefäße) erforderlich.

Der unmittelbare Zusammenhang zwischen Blutplasmaelektrolyten und Herzfunktion ist einerseits Grundlage für die physiologische Herzfunktion, andererseits Ansatzpunkt für die Pharmakotherapie kardialer Erkrankungen.

Die Erhaltung der intra- und extrazellulären Elektrolytkonzentrationen ist notwendig für die Funktion der Zellen des Erregungsbildungs- und leitungssystems sowie des Arbeitsmyokards.

Das nächste Kapitel befasst sich mit der Herzaktion.






  • - Physiologie und Pharmakologie der Elektrolyte am Herzen -
 
- kardiophysiologie.info -