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Calcium

Übersicht
Funktion am Herzen
Pathophysiologie und Pharmakologie


Übersicht

Calciumionen (kurz: Calcium) spielen sowohl für Zellen des Arbeitsmyokard, als auch Zellen des Erregungsbildungs- und -leitungssystems eine wichtige Rolle. In beiden Zellsystemen tragen Calciumströme zur Depolarisation bei. Aus diesem Grund sind Calciumkanäle Ziel pharmakologischer Wirkstoffe zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen.
Extrazellulär liegt Calcium ionisiert und gebunden vor. Die Bindung geschieht durch Plasmaeiweißbindung und Komplexierung (mit Phosphat, Citrat u. a.). Die Konzentration des Gesamtcalciums im Serum liegt bei etwa 2 bis 2,5 mmol / L. Etwa 40% davon ist an Plasmaproteine gebunden und etwa 10 bis 15% an Phosphat, Citrat, Laktat, Sulfat und Bikarbonat.
Die intrazelluläre (zytosolische) Calciumionenkonzentration freien Calciums ist etwa um den Faktor 10000 geringer als die extrazelluläre. Damit besteht ein sehr starker Gradient zwischen innerem und äußerem Zellraum.

Weit über 90% des Calciums befindet sich als Calciumphosphat-Komplex in den Mitochondrien und an Proteine gebunden (Calsequestrin) im endoplasmatischen Retikulum. Wäre das gesamte zelluläre Calcium ionisiert und gleichmäßig in der Zelle verteilt, betrüge die intrazelluläre Calciumkonzentration etwa 2 bis 10 mmol/L und läge damit über der extrazellulären.
Die hochgradige Bindung intrazellulären Calciums stellt damit einen Schutzmechanismus dar.


Funktion am Herzen

Arbeitsmyokard

Calciumströme bedingen die Plateauphase des Aktionspotentials. An die sehr kurze initiale Repolarisationsphase schließt sich eine lange Plateauphase an. Diese ist durch ein Gleichgewicht zwischen repolarisierenden Strömen und dem langsamen Einstrom von Calcium (iCa) durch L-Typ-Calciumkanäle bestimmt. Die Calciumkanäle werden bei einer Spannung von ca. -40 mV aktiviert und bestimmen die Plateauphase, die im Mittel etwa 300 ms beträgt (200 - 400 ms je nach Herzfrequenz und Typ der Myokardzelle).
Die Öffnungszeit des Einzelkanals ist erheblich kürzer als 300 ms. Bei Aktivierung öffnet und schließt der Kanal abwechselnd. Der Calciumeinstrom erfolgt jedoch simultan durch viele Kanäle und dauert im Mittel etwa 300 ms.

Erregungsbildungs- und -leitungssystem

Das Erregungsbildungs- und -leitungssystem besitzt andere Ionenkanäle und Mechanismen zur Erzeugung von Aktionspotentialen seiner Zellen. Dazu gehören zwei verschiedene Typen von Calciumkanälen. Dabei handelt es sich einerseits um die auch im Arbeitsmyokard vorhandenen L-Typ-Calziumkanäle. Sie werden aktiviert, wenn die Spontandepolarisation einen Schwellenwert von etwa -40 mV erreicht. Dadurch depolarisiert die Zelle rasch weiter. Diese Kanäle sind damit Träger der ersten Phase des Aktionspotentials.
Andererseits gibt es T-Typ-Calciumkanäle. Sie werden bei negativeren Spannungen aktiviert als L-Typ-Calciumkanäle. Das trägt wesentlich zur Spontandepolarisation bei.

Herzzyklus, EKG

Calciumströme sind an der Entstehung und Aufrechterhaltung der Plateauphase (Phase 2) des Aktionspotentials beteiligt. Diese wird maßgeblich durch die ST-Strecke im EKG abgebildet. Dennoch führen Veränderungen des Serumcalciums nicht zu obligaten oder gar speziellen Veränderungen der ST-Strecke. Es gibt also keine typische EKG-Kurven-Veränderung bei Calciumspiegelstörungen.
Ein möglicher Grund dafür ist, dass veränderte Serumcalciumspiegel nicht unmittelbar auf Calciumströme wirken. Vielmehr scheinen Calcium-abhängige Kaliumkanäle betroffen zu sein, die bei Hypercalciämie vermehrt und bei Hypocalciämie vermindert öffnen.

Es gilt grob: Hypercalcämie verkürzt das QT-Intervall und Hypocalcämie verlängert es. Eine QT-Zeit-Verkürzung basiert vor allem auf einer Verkürzung der ST-Strecke. Bei Hypercalciämie kommt es auch zu einer minimalen Verkürzung der QRS-Dauer, die jedoch im EKG praktisch nicht messbar ist. Gleiches gilt entsprechend umgekehrt bei Hypocalciämie.
Eine mögliche EKG-Veränderung bei Hyperkalzämie ist die Osborn-Welle, für die es kein entsprechendes Korrelat bei Hypocalcämie zu geben scheint. Allerdings kann eine Osborn-Welle im Rahmen einer Vielzahl von anderen Pathologien auftreten. Sie ist also in keiner Weise spezifisch für die Hypercalcämie. In der Literatur gilt sie als typisch für die Hypothermie.

Exkurs:
Die häufigste Ursache der Hypercalcämie ist - mit Abstand - der primäre Hyperparathyreoidismus. Häufigste Ursache der Hypocalcämie ist der Mangel an Vitamin-D-Hormon (Calcitriol). Beide Erkrankungen werden gehäuft erst spät diagnostiziert, da ihre Symptome vielfältig und unspezifisch sein können. Das EKG kann daher gelegentlich eine Zufallsdiagnose einer der beiden Erkrankungen ermöglichen.


Bei Ausfall oder Störungen von Calciumkanälen kommt es üblicherweise zu Überleitungsstörungen und bradykarden Zuständen. Solche Ausfälle bzw. Störungen kommen im Rahmen von Kanalopathien vor.

Pathophysiologie und Pharmakologie

Zur Behandlung von supraventrikulären Arrhythmien bzw. Vorhofflimmern und Vorhofflattern eignen sich grundsätzlich Calciumkanalblocker.
Ihre Wirkung ist negativ-inotrop.

Mehr zu Calciumkanalblockern findet sich hier:
https://www.rhythmologie.info/antiarrhythmika.shtml#klasse_iv.

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